Im Geografieunterricht der Oberstufe sind globale Fragen häufig Gegenstand. Oft diskutieren die Schülerinnen und Schüler jedoch unter sich. Auch wenn ihre Beiträge auf selbst erarbeitetem und aktuellem Wissen beruhen, so ist es doch um so interessanter, wenn zur Diskussion wirklich Menschen aus den jeweiligen Kontinenten zu Besuch sind, so wie es im Grundkurs Geografie 13 der Fall war. Fr. Kirschbaum schreibt hierzu:
Viele von euch haben in den letzten Jahren an der Aktion „work for peace“ teilgenommen.
In diesem Jahr hatten wir die Gelegenheit, direkt zu erfahren, wie sinnvoll diese Aktion ist und was für konkrete Hilfestellungen dadurch möglich sind.
Die Grundkurse Geografie 13 konnten sich in zwei Workshops in direkter Diskussion mit Gästen aus dem Senegal und Südafrika über Probleme der jeweiligen Länder austauschen und so auf interessante Weise erfahren, dass das, was theoretisch im Unterricht thematisiert wird, auch in der Realität zutrifft.
Lest hier zwei Berichte von Schülerinnen aus dem Grundkurs Geografie 13 (Fr. Kirschbaum):
Bericht: K. Zengler (GK Geografie, 13. Jg.)
Vergangenen Montag machte der Erdkundekurs der 13. Klasse einmal Unterricht der besonderen Art – wir erhielten Besuch von zwei Lehrern aus dem Senegal. Somit bekamen wir die Möglichkeit, Oumar Sow, einem senegalesischen Grundschulleiter, und Mamadou Dia, einem Biologielehrer der erweiterten Schule in einem Dorf im Senegal, all die Fragen zu stellen, die uns interessierten: Über das Leben in einem Land an der Westküste Afrikas, in dem die Menschen gerade mal eine durchschnittliche Lebenserwartung von 55 Jahren haben.
Natürlich haben wir uns im voraus schon im Unterricht mit diesem Land beschäftigt, jedoch kann man das nicht damit vergleichen, wie es ist, wenn jemand über „sein“ Land erzählt, das so anders ist als z.B. Deutschland.
Schon allein die beiden Herren waren auf ihre Weise beeindruckend. Sie erzählten uns mit Stolz, dass der Senegal gar nicht so unterentwickelt sei, wie wir vielleicht denken mögen.
Doch einige Dinge brachten uns schon zum schmunzeln. Es hat uns zum Beispiel beeindruckt, dass in ihrem Dorf Müll gesammelt wird, weil dieser der Auslöser vieler Krankheiten ist, doch wenn er dann zusammengesammelt ist, wird alles (egal was es ist) verbrannt …
Sehr informativ war es auch zu erfahren, dass im Senegal allgemeine Schulpflicht herrscht, doch leider können es sich viele nicht leisten, die Schule zu besuchen und der Staat ist in diesem Fall ziemlich machtlos, da er auch keinerlei finanzielle Mittel hat.
Es stimmt einen traurig, wenn man im Video so fröhliche, wissbegierige Kinder sieht, denen jedoch aufgrund ihrer Armut viel Wissen einfach verwehrt bleibt.
Herr Sow ist ein Mann der laut Statistik schon als alter senegalesischer Mensch gilt, aber er war so fasziniert von simplen Dingen, die wir als total selbstverständlich empfinden (z.B. der Kartenständer, die Züklidose…).
Alles in allem haben uns diese drei Unterrichtsstunden gezeigt, dass die Menschen in Afrika auch so sind wie wir, nur ihre Art zu Leben ist etwas anders (unser aller Gesichtsausdrücke waren gleichermaßen verwirrt, als Oumar mit totaler Selbstverständlichkeit über seine beiden Frauen redete).
Was mich persönlich sehr gefreut hat, war zu erfahren, dass das Geld, das die Schüler der Flatow-Oberschule bei „Work for Peace“ erarbeiten, wirklich in den bedürftigen Gebieten ankommt und dafür im Senegal zum Beispiel Rucksäcke für die Schüler gekauft werden.
In den Nachrichten hören wir ständig etwas von Afrikanern, die versuchen nach Europa zu gelangen, jetzt wurde uns diese Situation von einem Afrikaner geschildert: Herr Dia hätte sehr gern in Europa studiert, doch das ging nicht, denn sein Bruder arbeitet in Italien und damit dieser auswandern konnte, musste die Familie umgerechnet ca. 5000 Euro sparen und danach reichte das Geld natürlich nicht mehr, um noch einen nach Europa zu schicken. Wer es schafft, nach Europa zu gehen, dort zu bleiben und der Familie regelmäßig Geld zu schicken, ist ein Held – wer nicht ankommt oder wieder heim muss, ist ein Loser und wird verachtet.
Bericht: M. Kaden (GK Geografie, 13. Jg.)
Heute, am 30.09.2009, hatte auch der 2. Erdkunde Grundkurs des 13. Jahrgang einen Gast aus Afrika, genauer gesagt aus Südafrika. Elaine Maane arbeitet für die Organisation „Steps for the future“, die sich der Aids-Aufklärung im südlichen Teil Afrikas verschrieben hat. Während ihrer eigentlichen Arbeit dreht sie mit ihren Kollegen zusammen Kurzfilme, die das Leben HIV-positiver Menschen schildern und vor allem Jugendliche sensibilisieren sollen. Seit gestern ist sie aber in Deutschland und war heute Morgen bereit, sich all unseren Fragen rund ums Thema Aids zu stellen.
Doch zunächst einmal durften wir uns alle frei gewählte Spitznamen geben, damit nicht nur sie ein Problem mit dem Namen merken hatte. So kamen wir zu so lustigen Kreationen wie ‚Hulk‘, ‚Monkey‘ und ‚Mr T‘.
Hinterher, nach einigen technischen Startschwierigkeiten, sahen wir uns einen Filmausschnitt an, der uns nicht nur Ellaines Arbeit näher brachte, sondern uns auch mit den Fragen konfrontierte, die Afrikaner zum Thema Aids haben. So wurde vielen von uns erst da wieder bewusst, dass es einen Unterschied zwischen HIV-positiv-sein und Aids-haben gibt.
In der dann folgenden Gruppenarbeit ging es darum, wie wir reagieren würden, wenn wir heraus fänden, dass einer unserer Eltern oder unser bester Freund HIV positiv ist, ob Infizierte Kinder kriegen sollten oder nicht und wem wir, falls es uns treffen würde, als erstes davon erzählen würden.
Fragen, die zum Nachdenken angeregt haben und auch verdeutlichten, wie sehr dieser Virus Leben verändert.
Vor allem fielen uns während dieser Zeit noch viele Fragen ein, die wir selbst an Ellaine hatten. So zum Beispiel, ob man nicht Angst davor hat, eine ‚normale‘ Beziehung einzugehen, wo man den anderen versehentlich anstecken könnte. Ob es egal ist, wenn zwei positive Menschen ungeschützten Sex haben, oder nicht und ob man sich auch an getrocknetem Blut anstecken kann. Mit viel Geduld beantwortete sie all diese Fragen und ging dabei auch offen mit ihrer eigenen Infektion um.
Alles in allem hat dieser Morgen auch uns sensibler gegenüber diesem Thema gemacht. Ellaine hat es geschafft, dass Aids und HIV kein abstraktes Problem der ‚Anderen ‘ mehr ist, sondern etwas, was wirklich passiert und das Leben vieler Menschen zum negativen verändert.
Bemerkenswert ist auch, dass von allen, die da waren, nur zwei spontan bereit gewesen wären, sich sofort testen zu lassen.