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Anne, du hast uns heute noch so viel zu sagen

By 15. Juni 2024No Comments

Zu Ehren des Geburtstages von Anne Frank

Die Schüler*innen unserer 8. Klasse haben sich, inspiriert durch die Exkursion in das Anne Frank Zentrum, im Deutschunterricht genauer mit dem Schicksal Annes auseinandergesetzt. Sie erkannten, wie aktuell doch Annes Schicksal und das der anderen im Hinterhaus heute noch ist.

In einem fiktiven Brief an Anne haben sie ihre Gedanken geäußert, ihre Ängste gespiegelt, aber auch ihre Hoffnungen, dass sich so etwas niemals wiederholen darf.

 

Liebe Anne, 

Mir fällt es sehr schwer anzufangen, weil es so surreal scheint, was dir passiert ist. Ich hoffe, dass ich die passenden Worte finden kann. Ich möchte dir einen kleinen Einblick in mein Leben geben, damit du dir vorstellen kannst, wie die Zeiten sich verändert haben. Mein Name ist V. und ich bin 13 Jahre alt. Ich bin aktive Ruderin und gehe auf eine Sportschule in Berlin, sie trägt den Namen „Flatow-Oberschule“. Ich bin mir nicht sicher, ob dir der Name bekannt vorkommt, aber die Cousins Alfred und Gustav Felix Flatow waren erfolgreiche Turner. Sie waren wie du Juden und starben im KZ Theresienstadt ebenfalls als Opfer des Nationalsozialismus.                                                                                                                                                               […]

Wenn ich im Training auf dem Wasser rudere, ist es teilweise der einzige Ort, wo ich meinen Kopf einfach ausschalten kann und dem Alltag entkomme. In der Natur, fokussiert auf die Technik, einfach alle Gedanken stoppen. Wie hätte das im Hinterhaus funktionieren sollen? Es ist so bewundernswert, wie du es überstanden hast, mit einem alten Mann für zwei Jahre zusammen auf kleinstem Raum zu leben, mit der ständigen Angst, verraten oder entdeckt zu werden. Es ist so ungerecht, was du und die anderen im Hinterhaus durchmachen mussten, obwohl es keinen Grund dafür gab.

Mittlerweile ist das Leben sehr viel gerechter geworden, aber leider nicht vollkommen. Es gibt immer noch Kriege, in denen viele Menschen ein schlimmes Schicksal erleiden müssen.

Außerdem kann ich dir versprechen, dass dein großer Traum eines Tages in Erfüllung geht. Dein Tagebuch kommt ganz groß raus und ist eines der wichtigsten historischen Zeugnisse deiner Zeit. Es wird von der ganzen Welt in allen Sprachen gelesen.

Ich hoffe so stark, dass nie wieder Menschen ein ähnliches Schicksal erleben müssen, und die Menschen aus Fehlern lernen. 

Ich bin stolz auf dich, Anne!

In Liebe V. (aus der Klasse 8a)

 

Liebe Anne,

ich habe nach langem Überlegen beschlossen, dir einen Brief zu schreiben. Ich habe vor einiger Zeit Auszüge aus deinem Tagebuch gelesen, die mich in gewisser Weise stark berührt haben. Außerdem haben wir uns im Unterricht und im Anne-Frank-Zentrum mit deinem Leben, deinem Schicksal und mit dem deiner Familie auseinandergesetzt. Ich bin vor allem schockiert, ich kann die Ereignisse deiner Zeit gar nicht richtig fassen. Heute hat man ein Recht darauf, seine Religion frei auszuüben.

Es fällt mir schwer, für diese Zeit die richtigen Worte zu finden. Deshalb erzähle ich dir erstmal etwas von mir.

Ich bin 13 Jahre alt und gehe in die 8. Klasse einer Sportschule. Ich mache sehr viel Sport, mindestens fünfmal die Woche. Für den Sport habe ich meine alte Schule verlassen. Ich fühle mich wohl auf der neuen Schule, aber ich vermisse auch meine alte Klasse.

Auch meine Familie sehe ich bei dem vielen Training nicht mehr so oft. Du sollst mich nicht falsch verstehen, ich denke, ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Jedoch merke ich, wie sehr mich schon kleine Veränderungen beeinflussen. Mein Tagesablauf wird stressiger, ich gehe morgens früher aus dem Haus und komme abends erst später zurück, schon diese kleinen Dinge beeinflussen mich, aber im Gegensatz zu mir hast du nahezu alles verloren: deine Freunde und Familie, Hobbys… Man könnte sagen, du hast Dinge verloren, an denen andere ihr Glück festmachen. Doch du schaffst es, dir selbst Hoffnung zu machen, dich an die schönen Dinge im Leben zu erinnern und das, ohne Sonnenschein oder Regen wirklich mitzuerleben, trotz Angst um deine Familie, dich selbst, ja sozusagen um deine eigene Welt. Das zeigt mir, wie stark du bist, das inspiriert mich und erinnert mich daran, das Leben, so wie es ist, wertzuschätzen. Trotz all der Veränderungen, ob im Sport, mit neuen oder alten Freunden, sollte man das Beste aus jeder Situation machen.

Auch heute gibt es leider immer noch Kriege und Konflikte, z. B. aufgrund verschiedener Glaubensrichtungen. Es macht mich fast schon wütend, dass die Verantwortlichen dafür nichts aus der Geschichte, aus deiner Geschichte, gelernt haben. Ich weiß natürlich, dass in diesen Gebieten die Situation nicht so leicht zu durchschauen ist. Aber deshalb zwei Länder in einen Krieg zu schicken? Es ist doch schon eines der ersten Dinge, die man lernt, dass man bei Streit miteinander redet, als aufeinander einzuprügeln. Die Vorstellung, dass auch in Deutschland ein Krieg kommen könnte, macht mir Angst. Ich glaube, ich könnte nicht so stark bleiben wie du. Ich denke, alle Jugendlichen sollten deine Geschichte und dein Buch kennen, denn wir, die neue Generation, werden schließlich die Zukunft gestalten und es liegt in unserer Macht, dafür zu sorgen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt.

Im Tagebuch habe ich gelesen, dass es einer deiner letzten Wünsche war, nach deinem Tod in deinem Tagebuch weiterzuleben. Du hast es geschafft! Überall auf der Welt kennt man dein Tagebuch.

Deine L.

Berlin, den 19.04.2024