Wir alle kennen diese Geschichten, in denen Sportler*innen von Klein auf mit ihrem Sport beginnen, um später einmal darin Profi zu werden. Oder um bei Olympia starten zu dürfen. Dafür trainieren sie schon als Knirps*in viel und intensiv. So viel Ehrgeiz und Zielstrebigkeit ist echt beeindruckend. Wirklich. Aber beeindruckend ist auch die Geschichte unserer Flatow-Schülerin und Kanu-Sportlerin Pauline Jagsch aus Q2. Nur das Besondere an ihr ist, dass sie genau das Gegenteil von diesen typischen Ehrgeiz-Geschichten ist und trotzdem extrem hoffnungsvoll verläuft.

Pauline wohnt aktuell im Internat in Grünau. Soweit ganz normal für erfolgreiche Wassersportler*innen an unserer Schule. Trotzdem ist es bei Pauline ein Detail, das erwähnt werden muss. Warum, verrät die 17-Jährige uns selbst: „Ich komme aus einer Wasserfamilie. Mache Kanu seit meinem fünften Lebensjahr. Aber für mich war der Kanu-Sport immer nur Spaß. Eigentlich wollte ich nie Leistungssport machen.“ Und, wenn man etwas nur aus Spaß macht und nicht das ganz große Ziel „Olympia“ vor den Augen hat, braucht man eigentlich auch keine Sportschule und erst recht kein Internat. Eigentlich. Aber ab genau hier wird Paulines Geschichte richtig cool. Denn wahrscheinlich würde sie noch immer nur „zum Spaß“ in ihr Kanu steigen, auf keiner Sportschule sein und auch nicht in einem Internat leben. Wenn, ja wenn nicht dieses irre Jahr 2018 gewesen wäre.

„Das hatte es echt in sich“, lacht sie. „Denn da wurde ich zu einem Lehrgang des Berliner Verbandes eingeladen.“ Normalerweise sind da nur Sportschüler*innen dabei. Und klar, Pauline hatte bis dahin schon mehrere Berliner Meistertitel gewonnen, aber eine Überraschung war die Einladung dann doch für sie. Am Ende präsentierte sie sich so gut beim Lehrgang, dass sie bei der Jugend Deutschen Meisterschaft starten durfte. Und der absolute Knaller: Gemeinsam mit Flatow-Schülerin Lena Röhlings (18) gewann sie die JDM im Zweier. Pauline: „Das war der bisher emotionalste Moment, den ich im Sport erleben durfte. Ich hatte Gänsehaut. Es hat sich so unwirklich angefühlt.“ Eine tolle Geschichte, die da aber noch gar nicht zu Ende war. Noch lange nicht.

Denn das Jahr 2018 ging ja noch weiter. Nur zwei Wochen nach der gewonnenen JDM durfte sie bei den Olympic Hope Games in Posen (Polen) starten. „Das war auch so verrückt. Ich hatte bis dahin noch nie etwas von diesem Wettbewerb gehört. Dabei will jeder Wassersportler mit Ambitionen dort starten“, sagt sie und schüttelt grinsend den Kopf: „Naja, und plötzlich war ich durch meine Leistungen bei der JDM da dann auch dabei.“ Und nicht einfach nur dabei. Mit dem jüngeren der beiden Boote, die Deutschland an den Start schickte, schnappte sie sich Platz drei. Das mit älteren Athleten besetzte deutsche Boot wurde da nur Vierter. Ein weiterer Riesenerfolg für Pauline, der am Ende ihren Entschluss festigte.

Denn sie hatte Feuer gefangen. Vielleicht war Kanu dann doch mehr als nur Spaß. Vielleicht doch ihre Leidenschaft, vielleicht steckte da doch in ihr der Traum von Olympia. Die Müggelheimerin: „Olympia? Soweit denke ich noch gar nicht. Ich denke immer nur über kurzfristige Ziele nach. Aber eines war ab diesem Jahr 2018 dann sicher: Ich wollte doch Kanu als Leistungssport betreiben mit Sportschule und allem drum und dran!“ Am besten auch sofort. Durch den MSA ging der Wechsel vom Emmy Noether Gymnasium aber nicht so schnell. Erst im Sommer 2019 kam Pauline in Q1 dann an unsere Flatow-Oberschule. 

Seitdem trainiert sie jeden Tag, oft auch zwei Mal. Sie wohnt im Internat und fährt für den SC Berlin-Grünau Kanu. „Bisher läuft es super, der Wechsel und die Umstellungen haben sich gelohnt und ich bin echt glücklich“, sagt Pauline. Und ihre weiteren eingefahrenen Erfolge seit ihrem Wechsel sprechen die gleiche Sprache: Bei der Jugend-DM 2019 holte sie in sechs Rennen sechs Medaillen. Zwei Mal Gold, drei Mal Silber, ein Mal Bronze – eine Wahnsinnsquote. Außerdem durfte sie durch ihre sehr guten Leistungen zum zweiten Mal bei den Olympic Hope Games (Tschechien) starten. 2020 wurde sie bei der Junior-DM im Einer Dritte.

Die Liste ihrer Erfolge und starken Leistungen ist lang. Und, weil das so ist, sollte Pauline auch in diesem Jahr wieder – und auch zum letzten Mal – in Ungarn bei den Olympic Hope Games starten. Das daraus nichts wurde, lag an Corona. Pauline: „Das war schade, aber so war das ja leider in allen Bereichen. Ich hoffe, dass wir dann im nächsten Jahr wieder richtig starten können.“ Denn da hat sich Pauline ihr nächstes kurzfristiges Ziel gesetzt: „Die Junioren WM in Portugal, da möchte ich dabei sein.“ 

Aber alles ohne sich den ganz großen Druck zu machen, denn bei Pauline geht’s trotz allem noch immer um den Spaß. Dann bringt sie die besten Leistungen. Und seit 2018 hatte sie viel Spaß, da kann auch das Corona-Jahr 2020 nichts gegen machen.